Wunderbares Sammelsurium

Das Musikdorf Ernen ist eine Schatztruhe voller Geschichten und Geschichte. Ein von Marianne Mühlemann verfasstes Buch birgt nun diesen wertvollen, in 50 Jahren gewachsenen Schatz.

Eine Distanz von 7289 Kilometern galt es für die zahlreichen Briefe zu überwinden, die zwischen Ernen und dem US-amerikanischen Bloomington (Indiana) fleissig hin- und hergeschickt wurden, bevor im Sommer 1974 ein erster Meisterkurs im Musikdorf über die Bühne gehen konnte. Die Korrespondenz über den Atlantik hinweg wurde zwischen György Sebők und Helene Clausen geführt. Der ungarische Pianist und Klavierpädagoge Sebők war seit 1962 Professor an der Indiana University in Bloomington, Helene Clausen wiederum war die Leiterin des Verkehrsbüros in Ernen.

Gyorgy Sebők, Gründer und spiritus rector des Musikdorfs, verliebte sich anfangs der 1970er-Jahre bei einem Ferienaufenthalt in das schmucke 300-Seelen-Dorf Ernen und war sich früh des Potenzials dieses Orts für Musikwochen bewusst. An Helene Clausen schreibt er im September 1973: «Laut einer Aussage eines meiner Freunde – er ist einer der berühmtesten Künstler der Welt – wird Ernen in einigen Jahren ‹la capitale du piano› sein.»

Abgedruckt sind Teile der Korrespondenz zwischen Sebők und Clausen im Buch «50 Jahre Musikdorf Ernen. Klänge, Kunst und Käse», das vor wenigen Tagen druckfrisch an der Generalversammlung des Musikdorfs präsentiert werden konnte. Unter der Regie der Kulturjournalistin Marianne Mühlemann wurden Geschichten und Anekdoten aus 50 Jahren Musikdorf Ernen zusammengetragen, die das Buch zu einem wunderbar umfangreichen Sammelsurium und Kompendium machen.

Im Buch erfährt man etwa, wie es zum Namen Musikdorf Ernen kam, welch ausschweifende Partys schon in den 70er-Jahren in diesem kleinen Gommer Dorf gefeiert wurden, was es mit dem Schutzpatron der Erner Kirche, dem heiligen Georg, auf sich hat und wo der Starpianist András Schiff seine Inspiration findet.

Ernen etablierte sich nicht nur als «capitale du piano», die auf der Landkarte der Klaviermusik nicht mehr wegzudenken ist. Die Musikwochen in Ernen wuchsen in den letzten 50 Jahren zu einem Festival, in dessen Klänge man dank dem innovativen Geist des Intendanten Francesco Walter nun einen ganzen endlosen Musiksommer eintauchen kann, und das auf allen Musikkarten als paradiesisches Eldorado eingezeichnet sein müsste.

Denn seien wir ehrlich: Können Sie sich ein stimmungsvolleres und familiäreres Musikfestival als Ernen vorstellen?

Ernen, 30. Juni 2023, Andreas Zurbriggen (Musikpublizist und Komponist)

Ein Exemplar des Buchs «50 Jahre Musikdorf Ernen. Klänge, Kunst und Käse» können Mitglieder des Musikdorfs Ernen kostenlos im Festivalbüro abholen. Das Buch ist exklusiv für die Vereinsmitglieder des Musikdorfs Ernen reserviert und steht nicht im freien Verkauf. Wer noch nicht Mitglied ist, kann es hier werden.

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