Chiaroscuro Quartet: Grenzenlose Spielfreude

Kammermusik kompakt
4.–6. Juli 2025
Sieben Konzerte in drei Tagen

Handy oder Haydn? Was für eine Frage! Haydn natürlich. Jedenfalls am ersten Wochenende im Juli 2025. Denn da werden Sie sich nichts lieber wünschen, als für ein paar Stunden nicht erreichbar zu sein. Das Chiaroscuro Quartet wird Sie mit seinem Haydn-Programm in den Bann ziehen. Sie werden staunen, wie viel Farbe und emotionale Sprengkraft in Haydns Quartetten schlummert, wenn das Chiaroscuro Quartet sie mit Darmsaiten, Klassik-Bögen und historisch informierter Spielweise anpackt. Das preisgekrönte Ensemble gestaltet lebendige Hörbilder, in denen die Musik zu pulsieren beginnt, als wäre sie aus Fleisch und Blut. Da gibt es scharfe Attacken und sanftes Flüstern, hinreissende Hell-Dunkel-Kontraste, an denen das Ohr sich wund hören möchte.

Schock für die Ohren?
«Wir vertrauen uns blind. Gemeinsam sind wir auf der Suche nach einer grossen Palette von Farben und Emotionen», sagt die Geigerin Alina Ibragimova. Sie hat das Quartett während des Studiums am Royal College of Music in London gegründet. Das war 2005. Die grenzenlose Spielfreude von Ibragimova, Charlotte Saluste-Bridoux (Violine), Emilie Hörnlund (Viola) und Claire Thirion (Cello), löste bald ein internationales Echo aus, das für sich spricht: Die britische Zeitung The Observer hat ihr Spiel als «Schock für die Ohren im allerbesten Sinne» bezeichnet.

Kühne Harmonik, kunstvolle Fuge
Die Programmgestaltung des Chiaroscuro Quartets ist raffiniert. Es stellt Haydns Werke Beethovens Rasumowsky-Quartetten gegenüber, aber auch Auszügen aus Bachs «Kunst der Fuge», Beethovens «Grosser Fuge», sowie – zum krönenden Abschluss – Schuberts «Der Tod und das Mädchen». Beethoven hat die drei Quartette Opus 59 im Auftrag des Grafen Kirill Rasumowsky komponiert. Das war ein russischer Kunstmäzen und Beethoven-Fan. Diese Stücke begeistern durch kühne Harmonik und dynamische Kontraste. Die kunstvolle Fuge am Ende des dritten Quartetts krönt die Trilogie. Bereits zu Beethovens Zeit wurde dieses Werk durch den langsamen Satz mit seiner slawisch epischen Grundstimmung zu einem Publikumsliebling.

Das Wochenende verspricht ein überaus reichhaltiges Musikerlebnis: Die Werke bewegen sich in einem engen Zeitraum, gleichzeitig öffnet sich ein komplexer Kosmos voller Tiefe.

Herzstücke der Quartett-Literatur
In Ernen werden die vier Musikerinnen Quartette aus Joseph Haydns Opus 20 («Sonnenquartette») interpretieren. Es sind Herzstücke der Quartett-Literatur. Als Beethoven gerade laufen lernte, da vollendete Haydn im Jahr 1772 diese sechs Streichquartette. Ein ganz besonderes Werk entstand etwa zehn Jahre später – die «Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz». Es wurde für ein Andachtsritual an Karfreitag in Südspanien komponiert, bei dem die Fenster der Kirche mit schwarzen Tüchern verhangen wurden, um sich ganz in die Sterbeszene Jesu einfühlen zu können. Mit dieser rituellen Musik eröffnet das Chiaroscuro Quartet seine 7-teilige Konzertserie in Ernen.

Doch zurück zur Anfangsfrage. Haydn oder Handy? Beides natürlich! Wenn Sie noch trunken sind von Haydns Klängen, dann greifen Sie zum Handy und sagen Sie es weiter: Das Chiaroscuro Quartet reist nach dem ersten Höhenflug durch die «Sieben letzten Worte» nicht gleich ab. Es bleibt für weitere sechs Konzerte im Musikdorf. Das Wochenende ist eine unvergleichliche Gelegenheit für Liebhaber*innen atemraubender Kammermusik – und für Neugierige, die das Quartett-Spiel von einer packenden Seite kennenlernen möchten.

Kammermusik kompakt | 4.–6. Juli 2025 | Sieben Konzerte in drei Tagen

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Geschrieben im Dezember 2024, von Marianne Mühlemann

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