Hohepriesterin des Bach-Spiels
Klavier kompakt
29.–31. August 2025
Fünf Rezitale mit Angela Hewitt
Bach ist Nahrung für die Seele, sagt die Pianistin Angela Hewitt. Sie ist überzeugt davon, dass Bach den Charakter formt und beim Spielen und Hören für tiefe innere Zufriedenheit sorgt. Sie bekomme viel Post aus der ganzen Welt. Die meisten Briefe würden Bach betreffen, sagt sie. Sie vernehme da immer wieder, dass Bach den Menschen in den unterschiedlichsten Situationen im Leben geholfen oder Trost gespendet habe, wenn die richtigen Worte fehlten.
Üben, üben, üben
Auch für sie ist Bach ein Lebensmittelpunkt. Angela Hewitt stammt aus einer Musikerfamilie. Ihr Vater war Domorganist im kanadischen Ottawa. Schon als kleines Mädchen habe sie die Kraft, die Dramatik und Erregung in Bachs Werken gespürt. Die Mutter, eine Pianistin, habe ihr das Tänzerische in Bachs Musik vermittelt. Vom Toy-Piano, das sie als Zweijährige geschenkt bekam, wechselte sie schnell zum grossen Klavier.
Doch sie bekam auch Flötenunterricht, nahm Gesangs-, Ballett- und Gymnastikstunden, lernte das Orgelspiel. Alles, was sie gelernt habe, helfe ihr beim Bach-Spiel. Zum Beispiel müsse sie eine Melodie zuerst singen können, bevor sie sie auf dem Klavier spiele, so Hewitt. Das Gefühl für das Tänzerische helfe ihr, das richtige Tempo zu finden. Aber erst durch die Erfahrung und das jahrelange «Üben, Üben, Üben» entwickle man ein Gefühl für die innermusikalischen Zusammenhänge in einem Stück.
Ein halbes Jahrhundert «Goldberg»
In Ernen möchte Angela Hewitt das Publikum auf eine Reise durch Bachs Universum mitnehmen. Die fünf Rezitals der Hohepriesterin des Bach-Spiels sind geprägt vom «Wohltemperierten Klavier» und den «Goldberg-Variationen». Ein ganz besonderes Jubiläum: Die «Goldberg-Variationen» spielt Angela Hewitt seit 50 Jahren auf der Konzertbühne! Diese Meisterwerke der Klavierliteratur ergänzt die begnadete Pianistin mit Stücken von Domenico Scarlatti, Brahms, Mozart, Händel und Haydn. Hewitts Repertoire ist breit gefächert. Doch die Klavierwerke von Bach, die sie beim britischen Plattenlabel Hyperion auf 14 CDs aufgenommen hat, sind stets ihr Schwerpunkt geblieben.
Zwei Fragen an Angela Hewitt
«Rituale» ist das Festivalthema 2025. Was sind Ihre ganz persönlichen Rituale?
Angela Hewitt: Wenn ich abends ein Konzert habe, versuche ich tagsüber so lange wie möglich zu schlafen. Im Hotel sorge ich dafür, dass ich das Frühstück schon im Zimmer habe, wenn ich aufwache. Ich ziehe es vor, am frühen Nachmittag zu proben – in der Regel nicht länger als 90 Minuten. Es ist wichtig, die Energie für die eigentliche Aufführung aufzusparen. Vor dem Auftritt esse ich etwas. Das gehört zum Ritual. In der Garderobe habe ich immer Sardinen in Dosen dabei. Die sind perfekt für das Gedächtnis. Zudem Roggencracker, Obst, insbesondere Bananen. Aber auch Sojajoghurt oder eine Avocado für die Pause. Ich vermeide es, spät abends zu essen.
Während des Reisens beantworte ich E-Mails. Das nimmt jeweils kein Ende! Ausserdem studiere ich meine Partituren. Man darf auf Reisen keine Zeit verschwenden. Irgendwie bin ich immer am Arbeiten. Auf einem sehr langen Flug in den Orient oder nach Amerika schaue ich mir aber auch mal einen Film an, am liebsten einen auf Italienisch.
Sie konzertieren in Weltmetropolen mit grossen Konzertsälen. Was bedeutet es für Sie, in Ernen, einem malerischen Bergdorf, aufzutreten?
Angela Hewitt: In meiner Karriere habe ich immer an kleineren Orten gespielt – vor allem natürlich in Kanada, aber nicht nur. Oft gehören diese Konzerte zu den besonderen Erlebnissen der Karriere. Ich kenne das von meinem eigenen Festival in Umbrien, dem Trasimeno Music Festival. Ich liebe es, an einem schönen Ort in intimer Umgebung zu spielen, da, wo die Menschen Ferien machen. Persönlich fahre ich nur sehr selten in den Urlaub. Meine freie Zeit verbringe ich in meinem Haus in Umbrien. Dort komme ich zur Ruhe, auch wenn ich üben muss. Zum Glück erhole ich mich schnell. Kaum ist ein Konzert vorbei, bereite ich mich auf das nächste vor.
Klavier kompakt | 29.–31. August 2025 | 5 Rezitale mit Angela Hewitt
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Geschrieben im Dezember 2024, von Marianne Mühlemann