Über den Tellerrand hinausschauen

Newcomers
5. und 10.–13. September 2026
Im Flow zum Erfolg

Der österreichische Cellist und Dirigent Nikolaus Harnoncourt war eine wichtige Figur in der Alte-Musik-Bewegung, die ganz neue Blicke auf die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts ermöglichte, indem sie diese auf historischen Instrumenten und mit den stilistischen Prinzipien der Entstehungszeit aufführte. Neben seiner praktischen Arbeit schrieb Harnoncourt auch Bücher, eines davon heisst «Musik als Klangrede». Das 1983 veröffentlichte Buch wirkt bis heute nach.

«Die gemeinsame Lektüre dieses Buches war ein Grundpfeiler unserer musikalischen Entwicklung, sowohl für uns individuell als auch für unser Ensemble.» Das sagt Miguel Fernández, der nicht etwa Mitglied eines Streichquartetts ist, sondern eines Saxophon-Trios! Das erstaunt auf den ersten Blick. Die Überraschung verschwindet, wenn man weiss, dass María, Álvaro und Miguel – alle gebürtig aus Spanien – sich an der Musik-Akademie Basel zum A-Delta Trio formiert haben, einer Hochschule, die für den erstklassigen Kammermusik-Unterricht bekannt ist. Unterricht, der die angehenden Künstler*innen dazu herausfordert, über den Tellerrand hinauszublicken.

Prägende Begegnungen

«Unsere ersten Lektionen als Trio in Basel hatten wir mit Sergio Azzolini.» Der Fagottist und Barockspezialist habe mit ihnen am gemeinsamen Atem und an der Resonanz gearbeitet, sagt Fernández, der im Trio das Bariton-Saxophon spielt. Dieser Unterricht mit Azzolini habe sie auch zu ihrem Namen geführt. Sie probten ein Trio von Carl Philipp Emanuel Bach, wo es lange, fliessende Harmonie-Sequenzen gab, und dabei stellten sie sich «die sanfte, gleitende Bewegung eines Deltaseglers im Flug vor» – auf Spanisch: «Ala delta», woraus der Name «A-Delta Trio» wurde.

Das Bild ist geblieben, der Name wurde zum Omen: Seither erlebt das Ensemble einen musikalischen Höhenflug. Jüngst gewann das A-Delta Trio die Orpheus Swiss Chamber Music Competition, was wichtige Engagements in der Schweiz mit sich bringt sowie die Möglichkeit, einen Werkauftrag zu vergeben. Letzteres ist besonders wertvoll, denn das Repertoire für Saxophon-Trio sei sehr limitiert, sagt Fernández. Ihr Ziel sei es, dazu beizutragen, das Repertoire zu vergrössern. Bald stehen grosse Uraufführungen an, etwa eines Werkes des renommierten französischen Komponisten Benjamin Attahir. Und beim Debüt in Ernen erklingt das Werk «Funken», geschrieben für das A-Delta Trio von der jungen Spanierin Guiomar Ortiz (*1999).

Das Repertoire erweitern

Im Musikdorf zeigt das Saxophon-Trio, dass es auch bei der Programm-Konzeption über den Tellerrand hinausblickt: Viele Stücke hat das Ensemble für die eigene Besetzung adaptiert, etwa das Streichtrio des legendären ungarischen Kammermusik-Lehrers Leó Weiner (1885–1960). Das passt wunderbar, denn Fernández sagt: «Der Unterricht mit Pianisten war ein radikaler Wendepunkt für uns. Diese forderten von uns, musikalische Ideen umzusetzen, ohne die instrumentalen Grenzen des Saxophons zu berücksichtigen, was uns zwang uns, neue Herangehensweisen zu suchen und unkonventionelle Lösungen zu finden.» Dieser rein musikalische Unterricht – auch mit Leila Schayegh und Anna Gebert, die ihnen die Welt der Streichinstrumente näherbrachten – habe sie sehr geprägt, sagt Fernández.

Tradition und Neues

Viele der Newcomers, die nach Ernen kommen, haben die Kammermusik-Schmiede in Basel durchlaufen und garantieren so für das durchwegs hochstehende Niveau des Festivalausklangs im September. Zum ersten Mal beginnt das intensive Musikwochenende schon am Donnerstagabend mit dem Helix Trio, das nach seinem Debüt im Herbst 2023 zurückkehren darf – inklusive 10-tägiger Ensemble-Residenz.

Alle Konzertprogramme zeigen, dass die Newcomers über den Tellerrand hinausblicken: Das Trio E.  T.  A. spielt neben Haydn und Schubert auch ein eigens uraufgeführtes Werk von Isabel Mundry; der aufstrebende Geiger aus Sion, Achille Vocat, hat zwei Werke von Mel Bonis im Gepäck; die junge Pianistin Manoush Toth präsentiert ein selten gehörtes Werk von Francis Poulenc; und für den Abschluss kehrt das Trio Basilea nach Ernen zurück und spielt unter anderem das faszinierende Stück «Renouée des oiseaux» von Claire-Mélanie Sinnhuber, Composer in Residence 2025/26.

Newcomers | 5. und 10.–13. September 2026
5 Kammerkonzerte, ein Klavierrezital und ein Extra-Konzert

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Geschrieben im Dezember 2025, von Jonathan Inniger

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