Queerlesen at the Musikdorf

Literature
27 und 28 July 2024
Three literature readings with Angela Steidele, Lion Christ and Stephan Lohse, presented by Bettina Böttinger (in German)

The readings will be held in German, that's why the following article exists only in German.

Nicht nur die Autorinnen und Autoren, die beim «Queerlesen» auftreten, sind prominent, sondern auch die Moderatorin: Bettina Böttinger. Sie hat während siebzehn Jahren den «Kölner Treff» moderiert, jene Talksendung des WDR, in der berühmte Menschen aus ihrem Leben und über aktuelle Projekte erzählen. Im Herbst 2023 hat sich die 67-Jährige von der Sendung verabschiedet, allerdings nicht, um sich zur Ruhe zu setzen. Dafür hat die Fernsehfrau zu viele Ideen und Projekte, für die sie brennt.

Im Sommer 2024 wird sie als Moderatorin von «Queerlesen» in Ernen zwei Autoren und eine Autorin empfangen. Lion Christ, der Jüngste unter den Dreien, wurde Ende der 1990er-Jahre im oberbayerischen Bad Tölz geboren und lebt heute in Leipzig. Er hat «Sauhund», seinen Erstling im Gepäck. Die 1968 geborene deutsche Autorin Angela Steidele wird ihren Roman «Aufklärung» vorstellen und der deutsche Schauspieler, Theaterregisseur und Schriftsteller Stephan Lohse (geb. 1964) seinen Roman «Das Summen unter der Haut».

Das pralle Leben
Lion Christ – der im wirklichen Leben anders heisst – führt uns in seinem Erstling zurück ins Jahr 1983 nach München, es ist die Anfangszeit von Aids. Flori, der Protagonist, ist ein bodenständiger schwuler Mann vom Land, der glaubt, dass er zu Höherem bestimmt sei.

Er befreit sich vom Elternhaus und macht sich auf die Suche nach dem prallen Leben in der Stadt. Doch diese Stadt macht seine Pläne ohne Flori, der lebenshungrig durch die Clubs zieht, kellnert, sich prostituiert und ausgenutzt wird. Das Buch sei ein Beweis dafür, dass ein Autor das, worüber er schreibt, nicht selbst erlebt haben müsse, schrieb der Rezensent Alain Claude Sulzer. Wichtiger als korrekte lebensweltliche Details sei die emotionale Stimmigkeit, und die sei in «Sauhund» gegeben.

Ein neuer Blickwinkel
Angela Steidele versetzt uns mit ihrem Buch ins 18. Jahrhundert zurück, nach Leipzig, wo wichtige Persönlichkeiten der Aufklärung aufeinandertrafen. Steidele wirft in ihrem Roman ein neues Licht auf jene Epoche, die meistens als Geschichte grosser Männer dargestellt wird. Die Autorin erzählt auf der Basis wissenschaftlicher Quellen, jedoch aus der Sicht von Frauen. Die promovierte Literaturwissenschaftlerin, die auch Musikwissenschaft und Philosophie studiert hat, schrieb über Frauen dieser Zeit auch schon Sachbücher, was nun in ihrem historischen Roman Spuren hinterlassen hat.

Steideles Erzählerin ist eine Frau, die in den Quellen nur als Erwähnung auftaucht, Dorothea, die Tochter von Johann Sebastian Bach. Diese Lücke in der Überlieferung benützt die Autorin geschickt, um aus Dorotheas Perspektive zu erzählen. Dorothea war mit Luise, der Ehefrau des Schriftstellers Johann Christoph Gottsched befreundet, der nach dem Tod von Luise – seiner «Gottschedin» – ein Buch über sie veröffentlicht, in dem aber vorab er selbst im Mittelpunkt steht.

Dorothea Bach will (in Steideles Erzählung) die Biografie der Luise Gottsched neu schreiben, indem sie sagt, «wie es wirklich war». Angela Steidele schafft einen Gesellschaftsroman, in dem Musik und (gleichgeschlechtliche) Liebe eine Rolle spielen. Steidele revidiert mit ihrem Buch Fakten jener Zeit, die aus der Sicht der Frauen anders aussehen. Dadurch gelingt es ihr auch, die Bedeutung der Frauen am Denken der Aufklärung sichtbar zu machen.

Die Schwingungen erfassen
Von der Schönheit und dem Schmerz der ersten Liebe, von Freundschaft und der schmalen Grenze dazwischen, erzählt Stephan Lohse in «Das Summen unter der Haut». Auch in diesem Roman spielt Musik eine Rolle. Der Erzähler spielt Geige. Doch ob er der Musik treu bleiben wird, ist ungewiss.

Der 1964 in Hamburg geborene Schauspieler und Schriftsteller erzählt mit viel Einfühlungsvermögen, Witz und Fantasie von zwei Jungen, die in den 1970er-Jahren aufwachsen. Und über einen Sommer, der alles verändert. Die Kritik lobt Lohses sicheres Sprachgefühl, das die Schwingungen zwischen den Menschen treffend zu fassen vermöge.

Literatur | 27. und 28. Juli 2024 | Drei Lesungen mit Angela Steidele, Lion Christ und Stephan Lohse, moderiert von Bettina Böttinger

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Geschrieben im Dezember 2023, von Marianne Mühlemann

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